Europameisterschaft 2006

 

Bei der Europameisterschaft in Bonn waren acht Teilnehmer aus bayerischen Vereinen an den Start, fünf davon standen im deutschen Nationalteam. Leider schaffte nur Ioanna Koutsou, die bei der TKD Elite Nürnberg trainiert und in der Damenklasse bis 47 kg für Griechenland antrat, mit ihrem dritten Platz den Sprung in die Medaillenränge. Servet Tazegül (KSC Leopard Nürnberg), der im türkischen Team stand, und der für die Tschechei startende David Kadlec (TSV 1846 Dachau) gingen leer aus.

Dass sechs der acht bayerischen Teilnehmer in einem Nürnberger Verein trainieren, macht eigentlich recht deutlich, dass die fränkische Metropole in der bayerischen Wettkampfszene eine dominante Position einnimmt.

Eigentlich sah es nach der Auslosung in der Herrenklasse über 84 kg so aus, als hätte Volker Wodzich (TG Allgäu) mit Karol Franz eine lösbare Aufgabe vor sich. Doch bereits in der ersten Runde wurde klar, dass sich der Pole für seine vierte Euro-Teilnahme selbst einiges vorgenommen hat. Konzentriert und absolut kompromisslos konterte er die Angriffe des Sonthofener Sportsoldaten und ging von der ersten Runde an nach Punkten in Führung. „Volker kämpfte danach zu passiv und riskierte einfach zu wenig“, fasste Landestrainer Marco Scheiterbauer den weiteren Kampfverlauf zusammen. Am Ende unterlag Volker Wodzich mit 6 zu 8 Punkten.

Dass Robert Hofmann (TKD Özer Nürnberg) immer für eine Überraschung gut ist, bewies er bei den German Open. Dort gewann der Sonthofener Sportsoldat als einziger Deutscher in der Herrenklasse eine Goldmedaille und hatte mit diesem Sieg seine Euro-Nominierung für die 78-kg-Klasse in der Tasche. Gegen Tavakül Bayramov, dem Militärweltmeister und WM-Dritten 2003 aus Aserbeidschan, räumten ihm aber wohl nur wenige eine echte Siegchance ein. Obwohl sein Gegner bereits in der ersten Runde nach Punkten in Führung lag, griff der Nürnberger immer wieder an, holte sich einen Punkt nach dem anderen und ließ den Vorsprung seines Gegners schmelzen.

Trotz seines enormen Einsatzes hatte der Nürnberger das Pech auf seiner Seite, denn für einige von ihm angebrachten Treffer gaben ihm die Kampfrichter keinen Punkt. Da es aber nach drei Runden 5 zu 5 stand, mussten beide in einer vierten Runde zum Golden Point antreten. Und auch hier hatte Robert Hofmann das Glück nicht auf seiner Seite. Obwohl alle Umstehenden im Nachhinein bestätigten, dass der Sportsoldat einen sicheren Treffer angebracht hatte, wurde nicht er, sondern der konternde Aserbeidschaner zum Sieger erklärt. Landestrainer Marco Scheiterbauer: „Danach war ich eine ganze Zeit lang wirklich fassungslos.“ Für Robert Hofmann bleibt der zugegebenermaßen schwache Trost, dass er von seiner Fähigkeit her jederzeit mit den Weltbesten in seiner Gewichtsklasse mithalten kann.
Gleich im ersten Kampf musste Sergej Kolb (KSC Leopard Nürnberg) gegen Seifula Magomedov antreten. Noch schlechter hätte er es in der mit 25 Teilnehmern besetzten Klasse bis 54 kg eigentlich gar nicht treffen könnten. Mit seinem Sieg bei der Universiade 2005 und einer Bronzemedaille bei der letzten Weltmeisterschaft hatte der Russe bereits eindrucksvoll sein Können unter Beweis gestellt. Mit dessen äußerst rationalen Kampfstil kam der 23-jährige Nürnberger einfach nicht zurecht und musste eine deutliche 0-zu-7-Niederlage akzeptieren. Die Enttäuschung nach dem Kampf war für Georg Streif, dem Bundestrainer-Süd, verständlich. „Sergej fand einfach nicht zu seiner gewohnten Form. Ich bin aber sicher, dass er sich noch steigern kann und sich international etabliert. Er hat das Talent dazu. Und als zukünftiger Sportsoldat hat er bald auch mehr Zeit für das Training.“

Für Sümeyye Gülec, die mit ihren gerade mal 16 Jahren neben zehn (!) deutschen Meistertiteln bei der letzten Weltmeisterschaft die Bronzemedaille gewann, lief in Bonn zunächst alles nach Plan. In der 47-kg-Klasse gewann sie ihren ersten Kampf gegen Nina Prcac-Donlinsek aus Slowenien vorzeitig mit 7 zu 0 Punkten und bezwang danach auch noch Roberta Ramazzotta aus Italien mit 3 zu 6. Nicht ganz so gut lief es für sie dann aber im Viertelfinale gegen Viktoria Fomenko, der Militärweltmeisterin aus Russland. In der taktisch geprägten Begegnung konnte bis zum Schlussgong keine der beiden Kämpferinnen einen Treffer anbringen. Bei der alles entscheidenden vierten Runde war die Russin die Glücklichere und konnte den Golden Point anbringen. Für Damen-Bundestrainer Markus Kohlöffel wäre ein Sieg aber durchaus möglich gewesen. „Sümeyye konnte einige Fehler der Russin nicht zu ihrem Vorteil ausnutzen.“

Bei ihrem zweiten Start im deutschen Nationalteam musste Ann-Kathrin Herch (TKD Özer Nürnberg) im ersten Kampf gegen Hanna Zajc, der Euro-Dritten aus Schweden antreten. In Bonn lagen die kämpferischen Vorteile bei der Schwedin, die sich mit 4 zu 1 Punkten durchsetzen konnte und am Ende die Silbermedaille gewann. Aus der Sicht von Bundestrainer Georg Streif besitzt die Nürnbergerin viel Talent. „Um sich gegen eine Wettkämpferin wie Hanna Zajc durchsetzen zu können, fehlt ihr aber noch die internationale Stabilität.“