Franz Bartl in Korea

 

Was die Taekwondoerfolge im Technikbereich angeht, kann es in Bayern niemand mit Franz Bartl aufnehmen. Im Jahr 1984 gewann er als 19-jähriger seinen ersten deutschen Meistertitel. Bis heute sind neben weiteren 19 Siegen bei Deutschen und Internationalen Deutschen Meisterschaften auch noch bei den Europameisterschaften eine Goldmedaille, drei Silber- und vier Bronzemedaillen dazu gekommen, außerdem im Jahr 2000 auch noch bei den bei den Chunchon-Open in Korea ein Mal Silber und ein Mal Bronze. Jetzt, bei der ersten Weltmeisterschaft in Korea, kam der heute 41 Jahre alte Ausnahmeathlet aus Kolbermoor auf einen beachtlichen sechsten Platz. Im Gespräch mit Peter Bolz äußert sich Franz Bartl über die Eindrücke, die er in Korea sammeln konnte.

PB:
Haben sich Deine Erwartungen bei der Formen-Weltmeisterschaft erfüllt?

FB:
Für mich ging ein ganz großer Traum in Erfüllung, als ich in das deutsche Nationalteam nominiert wurde und bei der zum ersten Mal ausgetragenen Poomsae-Weltmeisterschaft an den Start gehen durfte. In meiner Kategorie „Master 1“ waren insgesamt dreißig Teilnehmer am Start. Nach vier Formenläufen, die ich dort in der Ausscheidungs-, Vor- und Finalrunde zeigen durfte, kam ich am Ende auf den sechsten Platz. Der Turnierrahmen, also die Halle, der Aufbau und die Kulisse, waren sehr beeindruckend und diesem historischen Anlass auch absolut würdig.

Bist Du mit Deiner Platzierung zufrieden?

Im Nachhinein ist ein sechster Platz in Ordnung. Ich muss aber zugeben, dass ich insgeheim schon gehofft habe, dass es für einen Medaillenplatz reicht. Bei allen vier Formen hatte ich das Gefühl, dass ich es einfach nicht besser machen kann. Meine Enttäuschung hat aber nicht sehr lange angehalten. Wie ich schon sagte, mit meinem sechsten Platz kann ich gut leben, denn für mich gilt „wer bereit ist zu gewinnen, muss auch bereit sein zu verlieren“.

Du warst ja bei allen sieben Europameisterschaft dabei. War der Ablauf bei der Weltmeisterschaft in etwa der gleiche?

Nein, dort gab es etliche gravierende Unterschiede. Bei einer Europameisterschaft werden die Bewertungen für jede Form zusammengezählt. Mit der höchsten Punktzahl gewinnt man die Goldmedaille. Bei der Weltmeisterschaft entscheidet sich mit der Bewertung, wer in die nächste Runde kommt. Man kann also einen Fehler nicht ausgleichen und muss deshalb bei jeder Form einen optimalen Lauf hinlegen.

Für die Europäer war es auch ungewohnt, dass zwischen den Läufen eine Pause von mehreren Stunden und manche Wettbewerbe sogar auf zwei Tage aufgeteilt waren. Im Finallauf musste man dann zwei Formen präsentieren, wobei man dazwischen nur maximal sechzig Sekunden Pause in Anspruch nehmen durfte. Eine Zeitüberschreitung wäre zwar möglich gewesen, hätte jedoch zu Punkteabzug geführt.  

Wie setzte sich denn die Bewertung zusammen?

Im Endeffekt waren es zwei Wertungen, mit denen man auf maximal zehn Punkte kommen konnte. Mit bis zu fünf Punkten wurde die Technik bewertet und mit weiteren maximal fünf Punkten die Präsentation. Hierbei spielte der so genannten „Ki“ eine gewichtige Rolle, der meiner Meinung nach für einige Kampfrichter schwer zuzuordnen war.   

Eine spannende Frage war ja im Vorfeld, wie der europäische Laufstil bei der Weltmeisterschaft gewertet wird. Gab es dabei Überraschungen?

Was die verschiedenen Laufstile angeht, gab es ganz gewaltige Unterschiede. In Europa hat sich ein dynamischer Laufstil durchgesetzt, bei dem jeder seinen eigenen kreativem Rhythmus einbringen kann. Dagegen wird von den Koreanern, die als Organisatoren der Weltmeisterschaft in allen Kategorien die Goldmedaille gewonnen haben, ein Laufstil bevorzugt, der auf Außenstehende wesentlich emotionsloser und marionettenhaft wirkt. Mir liegt es aber fern, die Leistungen meiner Mitkonkurrenten zu schmälern.

Waren die Leistungen von allen koreanischen Formenläufern so spitzenmäßig, dass sie gleich in allen Kategorien auf den ersten Platz kamen?

Die international besetzten Punktrichter haben es so gesehen. Deshalb denke ich, dass man diese Wertungen auch so akzeptieren muss.

Hätte das gleiche koreanische Team auch bei einer Teilnahme bei einer Europameisterschaft in allen Kategorien die Goldmedaille gewonnen?

Das ist eher unwahrscheinlich, da in Europa einfach ein ganz anderer Laufstil dominiert, der sich in den letzten dreizehn Jahren so entwickelt hat. Medaillen wären für die meisten wohl möglich gewesen, einige wären aber mit Sicherheit nicht in den Finallauf gekommen.

Muss sich Europa jetzt den koreanischen Laufstil aneignen?

In Seoul haben mir etliche hochrangige Koreaner zu meiner Leistung gratuliert. Auch wenn sie es nicht ausgesprochen haben, hatte ich das Gefühl, dass es ihnen peinlich war, dass nur der koreanische Laufstil akzeptiert wurde und deshalb alle Goldmedaillen nach Korea gingen.

Ich würde mir für die Zukunft des Formensports wünschen, dass bis zur nächsten Weltmeisterschaft noch viele Gespräche zur Akzeptanz der unterschiedlichen Stile im Sinne der Sportler - und nicht nur im Sinne der Politik - geführt werden. Nichts desto Trotz sollte ein erfahrene Sportler aber in der Lage sein, seine Anpassungsfähigkeit zu trainieren und diese soweit erforderlich auch erfolgreich unter Beweis stellen.   

Vielen Dank für das Gespräch und noch einmal herzlichen Glückwunsch zu Deinem Erfolg.