Bundesbreitensportlehrgang in Oberhaching

Die Organisation war eine Zitterpartie. Die ersten Veröffentlichungen zum geplanten Lehrgang gingen bereits Ende 2010 raus. Ende Juni 2011 lagen erst dreißig (!) Anmeldungen vor – was nicht nur Organisator Wilfried Pixner und Schatzmeister Gerd Kohlhofer fast in den Wahnsinn trieb. Angesichts der schwachen Resonanz gab es schon ernsthafte Überlegungen, den Lehrgang abzusagen. Am Ende standen 180 auf der Teilnehmerliste. Ganz ausgebucht war der Lehrgang nicht, denn in Oberhaching stehen 256 Betten zur Verfügung. Wenn man die Zimmer der Referenten und der in München wohnenden Heimfahrer abzieht, hätten sich doch noch einige Teilnehmer anmelden können.

Bei der Organisation wurde Wilfried Pixner von Hans Jürgen Leitner aus Bad Windsheim unterstützt. "Hans Jürgen war für mich während der Vorbereitungen eine große Hilfe. Er hat sich um das Plakat für den Lehrgang und um die Urkunden gekümmert. Außerdem waren während des Lehrgangs zwei von seinen Trainern als Referenten für die Selbstverteidigung anwesend."

Dass der BTU das gesamte Areal der Sportschule Oberhaching für ein ganzes Wochenende zur Verfügung stand, war für Wilfried Pixner etwas ganz Besonderes. „Während des normalen Betriebes können wir uns immer wieder einbuchen. Dass wir aber den riesigen Komplex für uns alleine haben, gab es seit dem Jahr 1999 nicht mehr.“

Für das Training standen insgesamt neun Sporthallen zur Verfügung. Wer wollte, konnte in Oberhaching aber auch das Schwimmbad oder die Sauna benutzen, beim Beachvolleyball mitspielen oder im Fitnessraum seine Muskeln stärken.

An diesem Wochenende wurden in der Sportschule gleich mehrere Termine durchgeführt. So gab es zum Beispiel neben den üblichen Angeboten im Zweikampf, Poomsae, Selbstverteidigung, Ilbo-Taryon und dem Kindertraining zeitgleich auch noch einen ETU-Instructor-Lehrgang, eine Trainer-C-Lizenz-Nachprüfung, Trainer-C- und Trainer-B-Lizenz-Verlängerungen mit jeweils 7,5 Stunden und einen Kampfrichter- und Coach-Lehrgang mit anschließender Prüfung.

Der Großteil der Teilnehmer kam natürlich aus Bayern, es reisten aber auch Gäste aus Baden-Württemberg, Berlin, Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen nach Oberhaching.  

Auffallend war, dass aus den so genannten Wettkampf-Vereinen nur ganz wenige Teilnehmer in Oberhaching vertreten waren. Da für den Wettkampf hochklassige Referenten zur Verfügung standen, sind die Gründe für diese Abstinenz nicht ganz nachvollziehbar. Für die Wettkämpfer wäre es eine gute Gelegenheit gewesen, um sich von anerkannten Spezialisten den sauberen Aufbau einer Poomsae zeigen zu lassen.

Erstaunlich war auch, dass relativ wenige Kinder angemeldet wurden. Ob eine Anmeldung für Familien zu teuer war oder ob viele noch im Urlaub waren, lässt sich im Nachhinein nur schwer sagen. Für Reiner Hofer steht aber jetzt schon fest: „Im nächsten Jahr werden wir die Preise für Kinder deutlich nach unten setzen.“

Lisa Rucker, die während des gesamten Lehrgangs für das Kindertraining zuständig war, sah die Sache recht entspannt. „Es waren zwar nicht viele Kinder, wir hatten aber trotzdem unseren Spaß. Den Kindern haben die drei Tage gefallen. Und das ist am Ende das einzige, was wirklich zählt.“

Ein Lob gebührt Helena Fromm, die in Oberhaching zum ersten Mal als Referentin bei einem Lehrgang dabei war. „Für mich war das eine tolle Sache, da alle Teilnehmer voll bei der Sache waren und begeistert mitgemacht haben.“ Unterstützt wurde sie beim Wettkampftraining vom Damen-Bundestrainer Carlos Esteves. Beide kamen bei den Teilnehmern so gut an wie Henk Meijer, Weltmeister und griechischer Nationaltrainer, der abwechselnd mit Helena und Carlos den Wettkampf trainierte.

Bei der Auswahl der Referenten hatte Wilfried Pixner ein glückliches Händchen. Für das Poomsaetraining bekam er von den zweifachen Weltmeistern, Elvira Fuhrmann und Michael Bußmann, die Zusage, von denen die Teilnehmer in der Halle in Leistungsgruppen aufgeteilt wurden. Auf diese Weise konnte auf wirklich jeden individuell eingegangen werden.  

Zusätzlich zu diesem Poomsaetraining wurde von Manuel Kolb, dem Bundestrainer für Poomsae ein ganz normales Kadertraining angesetzt. Die Anwesenheit für die Mitglieder des DTU-Kaders, von denen trotz des hervorragenden Wetters immerhin neun Spitzensportler die Reise nach Bayern auf sich nahmen, war selbstverständlich freiwillig. Für den Poomsae-Kader war dieses Training aber eine hervorragende Werbung, denn auf diese Weise konnte den „Normal“-Sportlern ohne viele Worte vermittelt werden, welche enormen Leistungen für einen Platz im Bundeskader gefordert werden. Spontan stellten sich etliche Kaderathleten als Hilfsreferenten zur Verfügung – Respekt! 

Als Referenten für die Selbstverteidigung und das Ilbo-Taryon standen in jeweils separaten Sporthallen die beiden Urgesteine, Heinrich Magosch und Reinhold Gruber, zur Verfügung. Als weitere Referenten für die Selbstverteidigung standen mit Kim Hyung-Tae und Cho Jun-Rae noch zwei koreanische Gasttrainer in der Judohalle in Oberhaching. Beide sind momentan als Trainer in der Sportschule von Hans-Jürgen Leitner (MDK Bad Windsheim) beschäftigt. Dass sie auch mit Waffen umgehen können, bewiesen beide am Samstag bei einem zehnminütigen Programm. Die Show mit dem Schwert und den Nunchakis war wirklich sehenswert.

Am Sonntag hatten die Lehrgangsteilnehmer die Qual der Wahl. Für sie stellte sich die Frage, bei welchem Referent sie sich die letzten zwei Stunden des Lehrgangs in die Halle stellen sollten. Erstaunlich viele entschieden sich für die Selbstverteidigung von Robert Schmeling, dem Bundesbreitensport-Referenten der DTU.

Präsident Reiner Hofer war so begeistert, dass er bei einigen Trainingseinheiten als Aktiver in der Sporthalle stand. Sein Fazit: „Die Auswahl der Referenten war wirklich gelungen. Das Training machte sehr viel Spaß, war aber anstrengend. Jeder konnte mitmachen. Interessant war für mich, wie die Referenten stufenweise die Sportler zu Technik-Kombinationen hinführten. Deshalb von mir ein großes Lob und mein Dank an alle Referenten.“

Auch bei den anderen Teilnehmern war die Stimmung durchwegs positiv. Neben den anwesenden Referenten und den von ihnen angebotenen Themen gefiel den meisten die lockere Atmosphäre, die während des gesamten Lehrgangs zu spüren war. Dazu kam auch noch, dass man zwei Abende lang die Zeit hatte, um nach dem Training das eine oder andere ausführlichere Gespräch zu führen.

Als Gast kam Michael Arndt mit seiner Frau Christina vorbei. Er traf in Oberhaching wieder einmal auf Henk Meijer, seinem ständigen holländischen Rivalen aus früheren Wettkampftagen. Am Abend konnte bei einem Bierchen die Frage geklärt werden, wie oft beide gegeneinander angetreten sind. Die Antwort – acht Mal. Gewonnen hat jeder vier Mal. „Die wichtigeren Siege gingen aber auf mein Konto“, erklärte Michael Arndt mit einem Augenzwinkern. Man muss es ihm glauben, denn immerhin gewann er 1987 in Barcelona den Weltmeistertitel im Schwergewicht.

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