Wann fällt der Vorhang zum letzten Akt?

Es ist unglaublich, was sich momentan bei der Deutschen Taekwondo Union (DTU) hinter der Bühne abspielt. Der Auslöser der Erdbebens, dass die DTU dann erschütterte, war ein einfacher Antrag, den die Präsidenten von sieben Landesverbänden bei der letzten Mitgliederversammlung am 1. März 2015 gestellt hatten. Da sie nicht damit einverstanden waren, wie Präsident Park Soo-Nam sein Amt ausführte, stellten sie – und das war gemäß der gültigen Satzung der DTU ihr gutes Recht – einen Antrag auf die Einberufung einer außerordentlichen Mitgliederversammlung. Dort sollte dann darüber beraten und abgestimmt werden, ob Park Soo-Nam von seinem Amt als DTU-Präsident abgewählt werden soll. 

Nun könnte man meinen, der mit unzähligen Ehrungen ausgezeichnete Park Soo-Nam war von seiner bis dahin geleisteten präsidialen Arbeit so überzeugt, dass er die gewünschte Mitgliederversammlung einberuft und sich dort mit den kritischen Fragen der Landespräsidenten auseinandersetzt. Hätte er diesen Weg gewählt, wäre die Angelegenheit schon längst vom Tisch.

Leider, und dieses „leider“ muss man im Nachhinein besonders betonen, hat  sich Park Soo-Nam dazu entschlossen, lieber einen juristischen Winkelzug anzuwenden, um sich vor einer Aussprache zu drücken, die von den sieben Verbänden gefordert wurde. Laut Satzung muss der Präsident zur Mitgliederversammlung einladen. Park Soo-Nam weigerte sich einfach, die Landesverbände zur Versammlung einzuladen und tat eine ganze Zeit lang so, als ginge ihn so ein Antrag überhaupt nichts an.

Es kam dann, wie es kommen musste. Die Landesverbände reichten beim Amtsgericht in München eine Klage ein, um zu erreichen, dass die von ihnen geforderte Mitgliederversammlung einberufen wird. Park Soo-Nam wiederum nahm sich einen auf das Vereinsrecht spezialisierten Rechtsanwalt, der das Gericht davon überzeugen wollte, dass Park Soo-Nam nicht einladen muss. Mit anderen Worten, sieben Landesverbände klagten gegen die Deutsche Taekwondo Union; ein wirklich unwürdiges Ereignis und ein wahrer Tiefpunkt in der Geschichte der DTU, das im Ausland zum Teil mit Schadenfreude verfolgt wurde.

Nach fast sechs Monaten wurde den sieben Landesverbänden vom Amtsgericht in allen Punkten Recht gegeben. Vom Gericht wurde der Beschluss erlassen, dass die sieben Landesverbände selbst zur Mitgliederversammlung einladen dürfen. Außerdem wurde vom Gericht im Detail aufgelistet, welche Punkte bei dieser Versammlung auf der Tagesordnung stehen dürfen bzw. müssen. Des Weiteren wurde festgelegt, dass die Mitgliederversammlung von Klaus Ermler aus Nordrhein-Westfalen geleitet werden soll. Von Andreas Rahn, dem Sprecher der sieben Landesverbände wurde als Versammlungstermin der 21. November 2015 festgelegt.

Alle, die der Meinung waren, dass durch das Amtsgericht endlich Klarheit geschaffen wurde und sich alle wie auch immer Beteiligten dem Beschluss des Amtsgerichts beugen würden, wurden schon bald eines Besseren belehrt. Ein paar Tage nach der Entscheidung des Amtsgerichts teilte Park Soo-Nam per Email-Verteiler mit, das nun von sechs anderen Landesverbänden ebenfalls ein Antrag auf Einberufung einer außerordentlichen Mitgliederversammlung vorliegen würde. Das Ziel dieses Antrags wäre die Abwahl des gesamten Präsidiums und anschließende Neuwahlen. Aus diesem Grund, so die Erklärung von Park Soo-Nam, würde er als DTU-Präsident die Einladung zur Mitgliederversammlung wieder selbst übernehmen und auch die Punkte der Tagesordnung festlegen.

Unabhängig von der Frage, weshalb der Antrag von den sechs Landesverbänden nicht schon einige Monate früher gestellt wurde, wurde mit diesem Antrag deutlich, dass sich mittlerweile ein enorm tiefer Graben zwischen den Landesverbänden gebildet hatte. Über die Gründe, wie es zu dieser Grabenbildung kommen konnte, kann man nur spekulieren. Viele sehen die Ursachen dafür im „Mekka des Taekwondo“.      

Wie von Park Soo-Nam angekündigt, verschickte er dann tatsächlich an alle Landesverbände eine von ihm erstellte „Endgültige Tagesordnung“, auf der – entgegen dem ausdrücklichen Beschluss des Gerichts – der Antrag auf Neuwahlen als Minderheitenantrag aufgeführt wurde. Damit waren und sind jetzt zwei Tagesordnungen im Umlauf.

Gegen den Beschluss des Amtsgerichts München auf Einladung zur außerordentlichen Mitgliederversammlung legte Park Soo-Nam am 09.09.2015 über seinen Rechtsanwalt beim Oberlandesgericht München eine Beschwerde ein. Am 29.10.2015 wurde die Beschwerde zurückgewiesen.

In der Begründung auf die Zurückweisung der Beschwerde bestätigte das Oberlandesgericht München mit aller Deutlichkeit, dass Park Soo-Nam als gewählter Präsident durch die nicht vorgenommene Einladung gegen die Satzung seines eigenen Verbandes verstoßen hat. Damit aber nicht genug. Er hat sieben Landesverbänden - immerhin die Mitglieder des höchsten Organs der DTU – das ihnen zustehende Recht auf Einberufung einer außerordentlichen Mitgliederversammlung verwehrt. Damit hat er seine eigenen Landesverbände gezwungen, sich ihr Recht vor Gericht zu erstreiten!

Mit seiner juristischen Uneinsichtigkeit und den vielen Scharmützeln muss sich Park Soo-Nam den Vorwurf gefallen lassen, dass er auch dafür verantwortlich ist, dass sich in seiner Amtszeit als Präsident zwischen den Landesverbänden ein tiefer Graben aufgetan hat.

Als Präsident hat Park Soo-Nam die Deutsche Taekwondo Union in aller Öffentlichkeit in eine ziemlich unwürdige und klägliche Lage gebracht. Aus diesem Grund ist es nicht verwunderlich, dass hinter vorgehaltener Hand intensiv darüber spekuliert wird, ob Park Soo-Nam tatsächlich mit aller Gewalt im Amt bleiben will oder ob er – was angesichts den entstandenen Schadens wirklich wünschenswert wäre - noch vor der anberaumten außerordentlichen Mitgliederversammlung sein Amt als Präsident niederlegt und damit innerhalb der Deutschen Taekwondo Union den Weg für einen Neubeginn frei macht.


Text und Foto: 
Peter Bolz