Michael Bußmann besteht Prüfung zum 8. Dan im Kukkiwon

Kim Eun-Seob und Michael Bußmann

Im November 2018, also vor vier Jahren, hat Poomsae-Weltmeister Michael Bußmann bei der Bundes-Danprüfung in Krumbach seine Prüfung zum achten Dan als Prüfungsbester bestanden. Im Juni 2022 reiste er nach Korea, um auch beim Kukkiwon seine Prüfung zum achten Dan abzulegen. 

Im Gespräch mit Peter Bolz erklärt Michael Bußmann, weshalb er sich in Seoul noch einmal zum achten Dangrad prüfen ließ. Außerdem erklärt er, das Prozedere rund um eine Danprüfung im Mutterland des Taekwondo sei recht interessant gewesen.

BTU:
Im November 2018 hast Du bei der Bundes-Danprüfung in Krumbach Deine Prüfung zum achten Dan als Prüfungsbester absolviert. Aus welchem Grund bist Du nun nach Korea geflogen, um Dich dort noch einmal zum achten Dan prüfen zu lassen?

Michael Bußmann:
Wenn man das Ganze rein sportlich betrachtet, macht das wenig Sinn. Ich hatte aber schon immer den Wunsch, mich in der berühmten Kukkiwon-Sporthalle in Seoul zum achten Dan prüfen zu lassen. Wenn man so will, war das eine idealistische Idee von mir. Und wenn ich mir mal was vorgenommen habe, ziehe ich das eigentlich auch immer durch.

BTU:
Weshalb hast Du dann vier Jahre gewartet, um Dir Deinen Traum zu erfüllen?

Michael Bußmann:
Ich wollte eigentlich schon früher nach Korea fliegen, um mich dieser Danprüfung zu stellen. Durch Corona war das aber nicht möglich. Deshalb hat es erst in diesem Jahr am 15 Juni mit der Prüfung geklappt.

BTU:
Kann sich jeder bei einem Besuch in Seoul für eine Danprüfung anmelden oder müssen bestimmte Anforderungen erfüllt werden?

Michael Bußmann:
Ja, die Prüfung zu einem hohen Dangrad – offiziell nennt sich das High Dan Promotion – kann von jedem im Kukkiwon-Headquarters abgelegt werden.

Diese Prüfungen kann man mit den klassischen Danprüfung in Deutschland nicht vergleichen. Beim Kukkiwon-Headquarter steht für solche Danprüfungen ein anderer Schwerpunkt im Vordergrund.

BTU:
Welche Voraussetzungen muss man denn erfüllen, damit man zur Danprüfung eingeladen wird?

Michael Bußmann?
Wenn man als Prüfling an einer High Dan Promotion, also einer Prüfung zum 8 Dan oder 9. Dan teilnehmen will, muss man mindestens vier Wochen vor der Danprüfung eine schriftliche Ausarbeitung mit einem Umfang von mindestens zehn Seiten mit jeweils 400 bis 500 Wörtern pro Seite auf Englisch - oder wer es kann, natürlich auch auf Koreanisch - zu einem vorgegebenen Thema einschicken.

Für die Prüfung zum achten Dan standen folgende Themen zur Auswahl:
·         Status of Kukkiwon Taekwondo it's country
·         Effective Taekwondo teaching method
·         Technical development of Taekwondo

BTU:
Um was ging es denn bei Deinem Thema?

Michael Bußmann:
Bei meiner schriftlichen Ausarbeitung ging es um das Thema „Framework training concept forTaekwondo Poomsae competition“. Meine Ausarbeitung  umfasste 22 Seiten, ich habe drei Monate daran gearbeitet.

Der Inhalt der schriftlichen Ausarbeitung wird erst überprüft, wenn man den sportlichen Teil seiner Danprüfung erfolgreich bestanden hat. Das ist auch der Grund, weshalb nach der eigentlichen Danprüfung noch nicht bekannt gegeben wird, ob man seine Prüfung bestanden hat. Ich selbst habe drei Monate gewartet, bis man mir offiziell mitteilte, dass ich die Prüfung zum achten Dan bestanden habe.

BTU:
Muss man noch weitere Anforderungen erfüllen, um zu einer High Dan Promotion eingeladen zu werden?

Michael Bussmann:
Ja, wer an so einer Danprüfung teilnehmen will, muss einen Leumund benennen, der schriftlich für die Befähigung des Prüflings bürgen muss. Der Leumund muss auch eine Biografie des Prüflings beifügen. 

Erst wenn man die schriftliche Ausarbeitung eingeschickt hat und die Befähigung durch den Leumund vorliegt, bekommt man vom Kukkiwon-Headquarters die Einladung zur Danprüfung.

BTU:
Kann sich, rein theoretisch, jeder als Leumund zur Verfügung stellen oder gibt es da auch bestimmte Vorgaben?

Michael Bußmann:
Nein, das ist nicht möglich. Der Leumund muss mindestens den gleichen oder höheren Dangrad haben, wie der Dangrad, den der Prüfling anstrebt. 

Bei mir hat sich Soo-Nam Park als Leumund zur Verfügung gestellt.

BTU:
Wie lange warst Du denn für diese Danprüfung in Seoul? Hattest Du Probleme mit dem Jetlag?

Michael Bußmann:
Ich war drei Tage in Korea. Weil ich in dieser Zeit an zwei Lehrgängen teilgenommen und an zwei Danprüfungen abgelegt habe, war ich permanent so unter Druck, dass ich vom Jetlag nichts spürte.

Viele haben mir prophezeit, dass man wegen des Jetlags nicht gleich nach der Ankunft so ein straffes Programm durchziehen könne. Bei mir hat es geklappt. Es war aber wirklich hart.

BTU:
Wieso zwei Danprüfungen? 

Michael Bußmann:
Neben der Prüfung zum achten Dan im Kukkiwon habe ich auch noch direkt bei der World Taekwondo Defense Federation die Prüfung zum zweiten Dan gemacht. Präsident Kim Eun-Seob hat mit mir mehrere Stunden persönlich trainiert und die Prüfung abgenommen.

BTU:
Wie würdest Du denn Taekwondo Defense mit kurzen Worten beschreiben?

Michael Bußmann:
Taekwondo Defense ist eine realistische und moderne Selbstverteidigung, die mittlerweile in verschiedenen Ländern bei der Polizei und beim Militär angewendet wird. World Taekwondo Defense Federation wurde 2013 von Kim Eun-Seob ins Leben gerufen.

Durch Videos auf YouTube hat es sich weltweit verbreitet. Der Präsident ist Kim Eun-Seob, Er ist gleichzeitig auch technischer Berater beim Kukkiwon-Headquarter für den Bereich Selbstverteidigung.

In Korea ist Taekwondo Defense professionell organisiert. Dort gibt es bereits Dangrade und Trainerlizenzen. Seit diesem Jahr wird das auch in Europa aufgebaut. Beim europäischen Verband bin ich übrigens der Technische Direktor.

BTU:
Ist Taekwondo Defense ein Konkurrenzverband zum Taekwondo?

Michael Bußmann:
Nein, auf keinen Fall. Taekwondo Defense ist ein Zusatzangebot und keine Konkurrenz.

BTU:
Seit wann machst Du denn Taekwondo Defense?

Michael Bußmann:
Ich habe neben Taekwondo viele verschiedene Systeme der Selbstverteidigung betrieben, zum Beispiel auch Ju Jutsu, Wing Tsung, I Pensa und  Krav Maga. Mit dem Taekwondo-Defense-Training habe ich dieses Jahr angefangen.

BTU:
Wie lief denn die Kukkiwon Danprüfung ab?

Michael Bußmann:
Die Danprüfung wurde am dritten Tag meines Aufenthalts in der Kukkiwon-Sporthalle durchgeführt. Um 8 Uhr begann die Registrierung. Für die Prüfung und den Lehrgang musste eine Gebühr von 650 US-Dollar bezahlt werden.

Nach der Registrierung fand dann in der Sporthalle ein vierstündiges Seminar statt. Dieser Lehrgang war recht anspruchsvoll. Vielen Teilnehmern konnte man zum Ende des Seminares die körperlichen Anstrengungen ansehen.

BTU:
Wie viele Prüflinge haben denn an der Danprüfung teilgenommen und aus welchen Nationen sind sie denn angereist?

Michael Bußmann:
Wir waren insgesamt zwölf Teilnehmer. Die meisten waren deutlich über 60 Jahre alt. Ich weiß noch, dass Sportler aus Marokko, Taiwan, Belgien, Holland und den USA teilgenommen haben.

BTU:
Welche Graduierung hatten denn die Prüfer und aus wie vielen Prüfern bestand denn die Prüfungskommission?

Michael Bußmann:
In der Prüfungskommission saßen drei Prüfer. Alles erfahrene Prüfer mit dem 9. Dan.

BTU:
Wie läuft denn das Prozedere bei einer High Dan Promotion ab?

Michael Bußmann:
Bei einer High Dan Promotion müssen die Teilnehmer zwei Formen laufen. Welche Formen gelaufen werden müssen, wird vor der Prüfung vom jüngsten Teilnehmer per Auslosung entschieden. Da ich der Jüngste war, habe ich die Formen gezogen.

Die Auslosung selbst hat mich ein bisschen an die im Fernsehen übertragenen Auslosungen von großen Meisterschaften erinnert. Das Ganze lief in einer sehr elitären Stimmung ab. Es wurde in der Sporthalle ein Spannungsbogen aufgebaut, dem sich eigentlich kein Prüfling entziehen konnte.

BTU:
Wenn nur zwei Formen gelaufen werden müssen, war die Prüfung für Dich als Weltmeister bestimmt keine sonderlich große Herausforderung, oder?

Michael Bußmann:
Ja, da ist schon war dran. Ich war natürlich gut vorbereitet und bin es von den Meisterschaften gewohnt, auf den Punkt genau meine Bestleistung abzurufen. Wir alle wussten aber, dass man bei einem Fehler die Danprüfung nicht bestanden hat. Ich war deshalb hochkonzentriert.

BTU:
Erfährt man am Ende der High Dan Promotion, ob man den sportlichen Teil der Prüfung bestanden hat?

Michael Bußmann:
Nein, dass erfährt man erst – wie schon gesagt - ungefähr drei Monate später.

Die Formen der Teilnehmer werden alle per Video aufgenommen und später von einer weiteren  Prüfungskommission ausgewertet. Von den Teilnehmern, die die sportliche Prüfung bestanden haben, werden die schriftlichen Arbeiten bewertet. Erst wenn von den Teilnehmern auch noch die schriftlichen Ausarbeitungen als gut bewertet wurde, hat man es geschafft.

Man wird dann vom Kukkiwon-Headquarters schriftlich informiert, dass man die Danprüfung bestanden hat.

BTU:
Warst Du mir dem Ergebnis bei Deiner Prüfung zufrieden?

Michael Bußmann:
Ja, bei mir lief wirklich alles optimal. Auch bei meiner High Dan Promaiton zum achten Dan war ich wieder Prüfungsbester. Für mich war das ein tolles Gefühl.

BTU:
Fand die Taekwondo Defense Prüfung zum zweiten Dangrad auch in der Kukkiwon-Sporthalle durchgeführt:

Michael Bußmann:
Nein, für diese Prüfung musste ich mit der U-Bahn quer durch Seoul zum Headquarter der World Taekwondo Defense Federation fahren. Bei dieser Danprüfung habe ich dann die Strapazen der letzten Tage gespürt. Ich konnte mich aber noch einmal voll motivieren und eine gute Leistung abliefern. Die Prüfung zum zweiten Dan Taekwondo Defense habe ich bestanden.

Am nächsten Tag bin ich dann schon wieder nach Deutschland zurückgeflogen.

BTU:
Vielen Dank für das Gespräch.


Fotos: Michael Bußmann (Archiv)