Nurettin Yilmaz: „Besser als erwartet!“

 

Mit dem Beginn des neuen Schuljahres ging für zwölf Mitglieder des bayerischen Wettkampfkaders ein großer Wunsch in Erfüllung. Sie gehören nämlich zu den Auserwählten, die von der Bertolt-Brecht-Schule in Nürnberg aufgenommen worden sind. Sie besuchen dort eine Leistungssportklasse und vor Unterrichtsbeginn müssen sie erst mal ein Taekwondotraining absolvieren. Im Gespräch mit Peter Bolz erklärt der Landestrainer/Schulsport Nurettin Yilmaz, wie das Ganze in der Praxis abläuft.

PB:  
Wie groß war denn das Interesse für einen Wechsel in die Bertolt-Brecht-Schule?


NY:
Ich war selbst ein bisschen überrascht, dass innerhalb kürzester Zeit fast dreißig Anmeldungen auf dem Tisch lagen. Zwischen dem bayerischen Verband und der BBS, also der Bertolt-Brecht-Schule, wurde aber vereinbart, dass das Projekt im ersten Schuljahr auf zwölf Schülerinnen und Schüler begrenzt werden soll. Ob es auch im nächsten Schuljahr eine Begrenzung geben wird, steht momentan noch nicht fest.

Und die ausgewählten Schüler dürfen vor dem Unterricht erst mal Taekwondo trainieren?

Ja, das ist richtig. An jedem Schultag wird vor dem Unterricht immer von 8.00 Uhr bis 09.15 Uhr trainiert. Danach ziehen sich alle um und fahren mit der Straßenbahn in die Schule. Schulbeginn ist dann um 09.45 Uhr.

Trainieren die Schüler an jedem Schultag?


Nein, die Schüler, die in die 5. und 6. Klasse gehen, trainieren an zwei Tagen pro Woche und die Größeren drei Mal. Im Training sind dann immer zwischen fünf und sieben Schüler. Nach der Schule fahren alle nach Hause und gehen abends noch bei ihrem Verein ins Training. Die meisten kommen so auf ungefähr fünf bis sieben Einheiten pro Woche.

Sind solche Anforderungen für die Kinder nicht zu hoch?

Nein, auf keinem Fall. Neun der zwölf Schüler sind zwischen 14 und 18 Jahre alt, also Junioren. Ich stehe aber ständig mit den Heimtrainern in Verbindung, da wir permanent das Trainingsprogramm absprechen. Es müssen Überschneidungen (Frühtraining/Schule und Abendtraining/Verband/Verein) vermieden werden. Dies setzt Absprachen bezüglich der Trainingsinhalte an den einzelnen Trainingstagen voraus! Wenn wir merken, dass das Training die Kinder zu stark beansprucht, würden wir sofort reagieren. Bei den Junioren kann man dann mal stärker auf die Entwicklung der eigenen Technikvorlieben oder auf das taktische Verständnis eingehen. Da gibt es eine Reihe von Alternativen in der Trainingsgestaltung.

Normalerweise findet das Training am Abend statt. Ist es besonders hart, so früh am Morgen zu trainieren?

Das macht mir persönlich nichts aus. Im Gegenteil, da alle mit Freude dabei sind und im Training richtig Gas geben, macht das Ganze wirklich viel Spaß.  

Welches sportliche Ziel wird denn angepeilt?

Das ist ganz unterschiedlich, denn das Niveau bei den Schülern ist sehr unterschiedlich. Es waren zwar schon alle bei der Bayerischen Meisterschaft erfolgreich, einige aber auch schon bei einer Europameisterschaft. Wichtig ist deshalb ein erfolgreiches Abschneiden bei der Deutschen Meisterschaft und vielleicht noch den einen oder anderen Platz im deutschen Nationalkader.

Welchen Stellenwert nimmt denn der Schulalltag neben dem Training ein?

Der Stellenwert wird ganz hoch angesiedelt. Mittlerweile hat sich die Erkenntnis durchgesetzt, dass Spitzensportler nur dann ihre vollen Leistungen abrufen können, wenn bei ihnen im beruflichen oder eben im schulischen Bereich alles optimal läuft. Normalerweise wird zuerst das Trainingspensum reduziert, wenn in der Schule ernste Probleme auftauchen. Das ist übrigens auch der Grund, weshalb ich mit den Lehrern der BBS ständigen Kontakt halte.

Was bringt denn das?

Sobald sich in schulischer Hinsicht ein deutlicher Leistungsabfall abzeichnet, werden wir uns sofort zusammensetzen und versuchen, die Gründe dafür zu finden. Danach muss natürlich auch eine Lösung her, die wir gemeinsam tragen können. Nachdem die Schule in Bayern erst im September angefangen hat, war das bei uns bis jetzt noch kein Thema. Ich hoffe, dass bei uns alle aus der Gruppe verstanden haben, dass sie sich in der Schule genauso reinhängen müssen wie im Training. Im Übrigen, die schulische Betreuung (Lehrkräfte, Sportpädagogen, psychologischer Dienst) ist ausgezeichnet.

Welche Pflichten übernimmt der Schüler?

Die Schüler/-innen müssen sich natürlich der üblichen Hausordnung unterwerfen. Das Verbandstraining am Morgen ist eine schulische Veranstaltung, d.h., es werden entsprechende Anwesenheitslisten geführt. Es werden aber auch Bewertungskriterien und Sportzeugnisse zum jeweiligen Schulhalbjahr ausgestellt. Schulbefreiungen müssen vorab beantragt werden. Die größte Verpflichtung der Schüler bei Aufnahme in eine Leistungssportklasse ist es, in der Schule und im Sport tolle Leistungen zu bringen. Dabei wird er rundum hervorragend betreut.

Wie wird denn das Training finanziert?

Einen Teil übernimmt der bayerische Verband, der Großteil der erforderlichen Mittel wird aber aus Zuschüssen des Bayerischen Landesportverbandes und des Kultusministeriums finanziert.  


Vielen Dank für das Gespräch und weiterhin viel Spaß und vor allem natürlich viele sportliche Erfolge.