Interview

Neu in TaekwonDATA
Erste weltweite Rankingliste


Immer wieder wird auch im Taekwondo-Bereich die Frage nach einer Weltrangliste laut. Vor allem Pressevertreter sind sehr interessiert daran, in ihren Berichten so eine objektive Quelle zu zitieren. Ab Januar 2007 gibt es nun endlich eine Taekwondo-Weltrangliste im Internet. Verantwortlich dafür ist kein Verband, sondern ein Taekwondo-Enthusiast aus Bayern: Peter Bolz, der vielen Taekwondo-Aktuell Lesern als Sportfotograf, Autor und als Betreiber der Taekwondo-Datenbank TaekwonDATA ein Begriff ist. Wir sprachen mit Peter Bolz über sein neuestes Projekt.

TA: Die Grundlage der neuen weltweiten Rankingliste ist Ihre Taekwondo-Datenbank TaekwonDATA. Um unseren Lesern einen Einblick in die Entstehung dieser Datenbank zu geben: Wie lange brauchen Sie denn, um zum Beispiel die Pool-Liste von einer Weltmeisterschaft komplett einzutragen?

PB: Das kommt auf die Pool-Listen an. Da bei einer Weltmeisterschaft mittlerweile fast eintausend Teilnehmer antreten, kann das bis zu einer Woche dauern. Wenn man viele Wettkämpfer neu aufnehmen muss, ist die Arbeit besonders zeitintensiv. Denn um zu vermeiden, dass jemand mit verschiedenen Schreibweisen mehrmals in der Datenbank steht, muss man jeden Namen abprüfen, bevor man ihn neu aufnimmt.

TA: In der Datenbank findet man auch viele Fotos von Wettkämpferinnen und Wettkämpfern. Wie dauert es, ein Foto einzustellen?

PB: Bei Digitalfotos schafft man das in fünf bis zehn Minuten. Bei Negativfotos wird es komplizierter. Man muss das Foto nämlich erst aus den Negativen heraussuchen, einscannen und danach bearbeiten; das dauert dann pro Foto locker eine Viertelstunde. Wenn auch noch einige Kratzer im Foto sind, sitzt man auch schon mal eine halbe Stunde oder länger drüber.

TA: Wie viele Fotos sind denn mittlerweile in TaekwondoDATA?

PB: Momentan ist von über 1.200 Personen ein Foto in der Datenbank. Die gleiche Anzahl habe ich noch im Archiv. Bis die alle in TaekwondoDATA sind, dauert das wohl noch eine Weile.   

TA: Unterstützt Sie jemand bei dieser Arbeit?

PB: Was das Eingeben der Daten und der Fotos angeht, mache ich alles alleine. Mir ist das ganz recht so, da ich auf diese Weise immer den Überblick habe. Um das Internet und alles was damit zusammenhängt, kümmert sich Herr Walter von der Firma Bizline GmbH.

TA: Die Firma Bizline GmbH war doch einer der Sponsoren bei der Weltmeisterschaft in Garmisch, oder?

PB: Richtig. Als die Organisation der Weltmeisterschaft 2003 anlief, hat sich Udo Wilke, der Sportdirektor der DTU, die Datenbank angeschaut. Da sie ihm gefiel, hat er bei der Firma Bizline nachgefragt, ob man dort ein Programm schreiben könnte, um die Datenbank in die WM-Homepage zu integrieren. Obwohl das Programmieren so einer Datenbank extrem zeitaufwändig ist, hat Herr Walter von der Firma Bizline seine Zusage gegeben.   

TA: Das heißt also, ohne die Weltmeisterschaft 2003 gäbe es jetzt gar keine TaekwondoDATA?

PB: Ja. Das ganze ist meiner Meinung nach eine unglaubliche Verkettung von Zufällen. Normalerweise hätte nur ein kleiner Kreis erfahren, dass ich eine ziemlich umfangreiche Taekwondo-Datenbank aufgebaut habe. Das wäre es aber eigentlich schon gewesen, denn der Vorgänger des heutigen DTU-Präsidenten hatte an der Datenbank absolut kein Interesse, da diese meiner Meinung nach weit außerhalb seines persönlichen Tellerrandes lag. Wie so oft im Leben passt für einen Erfolg dann eins zum andern. Udo Wilke hatte den Weitblick und war von der Idee begeistert, die Datenbank ins Internet zu stellen. Bei der Weltmeisterschaft gab es nicht besonders viele Sponsoren, aber einer davon war Bizline, eine EDV-Firma aus dem Allgäu, die sich auf die Programmierung von schwierigen Datenbanken spezialisiert hat. Da die Programmierung einer solchen Datenbank enorm kostspielig ist, hätte sie wohl auch niemand finanziert. Ich denke, das ist auch einer der Gründe, weshalb es weltweit fast keine echten Taekwondo-Datenbanken gibt.

TA: Was verstehen Sie denn unter „echten“ Datenbanken?
 

PB: Die meisten so genannten Datenbanken sind eigentlich nur Schalter, mit denen man verschiedene Listen öffnet. Wenn ein Name falsch geschrieben ist, muss man ihn auf allen Listen ausbessern. Bei der TaekwondoDATA muss ich den Namen nur ein Mal in einer Tabelle ändern, danach steht er richtig in allen Listen.

TA: Nach der Weltmeisterschaft wurde die Datenbank vom Netz genommen. Wie kam es denn dann zum erneuten Einsatz im Internet?

PB: Während der Weltmeisterschaft wurde die Datenbank so stark genutzt, dass die Firma Bizline als Sponsor für die Überschreitung der Transferraten fast eintausend Euro nachzahlen musste. Deshalb wollte nach der Weltmeisterschaft niemand mehr die Datenbank haben, da das finanzielle Risiko einfach nicht kalkulierbar war.
Irgendwann habe ich mich dann mit Herrn Walter darüber unterhalten, ob es nicht doch noch eine Möglichkeit gäbe, die Datenbank ins Internet zu stellen. Der Kompromiss war dann, dass wir die Datenbank gegen eine kleine Jahresgebühr mit Passwort anbieten, um das finanzielle Risiko im überschaubaren Rahmen zu halten. Wer eine Jahresgebühr von 18 Euro bezahlt, bekommt ein Passwort und kann die Datenbank ein ganzes Jahr nutzen.

TA: Demnächst soll es ja in der Datenbank ja eine Rankingliste geben. Wie sind Sie denn auf diese Idee gekommen?

PB: Was die Rankingliste angeht, habe ich den Wald vor lauter Bäumen nicht gesehen. Obwohl TaekwondoDATA meines Wissens nach weltweit die umfangreichste Datenbank ist, muss ich zu meiner Schande gestehen, dass ich erst vor einem halben Jahr auf die Idee gekommen bin, dass man mit diesen Daten eigentlich eine tolle Rankinglisten aufbauen kann.

TA: Es gab doch schon einmal eine Rankingliste, oder?


PB: Das stimmt. Für einige Zeit hatte die Firma TaekwonNet im Internet eine Rankingliste. Von einem Mitarbeiter dieser Firma habe ich erfahren, dass dort zum Teil bis zu 25 Leute mitgearbeitet haben.

TA: Was wird die Rankingliste von TaekwondoDATA bieten?


TA: Bei der Rankingliste, die demnächst zur Verfügung steht, handelt es sich um eine so genannte „Ewige Bestenliste“. Später soll dann noch eine aktuelle Rankingliste folgen.

TA: Wieso denn zwei Rankinglisten? Können Sie uns den Unterschied erklären?

PB: Ganz einfach. Bei der „Ewigen Bestenliste“ bekommt jeder Teilnehmer einer internationalen Meisterschaft so genannte Turnierpunkte. Die Tabelle mit den jeweiligen Punkten wurde im letzten Taekwondo aktuell veröffentlicht. Punkte gibt es aber nicht nur für gewonnene Medaillen, sondern für jeden Teilnehmer, natürlich deutlich weniger als bei einem Medaillenplatz. Außerdem gibt es für jeden gewonnenen Kampf auch noch Kampfpunkte. Mit der Gesamtsumme aller Punkte kommt man dann ins Ranking.

TA: Welches Ergebnis bekommt man denn dann geliefert?


PB: Bei einer Abfrage wird mitgeteilt, auf welchem Platz die abgefragte Person von wie vielen Personen gelandet ist. Die Abfrage kann man weltweit machen oder auf einen Kontinent oder eine Nation begrenzen, also beispielsweise auf Europa oder auf Spanien. Da nach jedem Turnier neue Punkte dazu kommen, verändert sich natürlich auch jedes Mal das Ranking. Mir persönlich macht die Abfragerei einen Riesenspaß, da mir immer wieder ein Name einfällt, von dem ich auch die Punktzahl wissen will. Ich war immer wieder überrascht, wie viele Punkte Wettkämpfer haben, die eigentlich nicht so im Rampenlicht stehen. Umgekehrt habe ich auch schon ein paar Namen gelesen, von denen ich eigentlich mehr Punkte erwartet hätte.

TA: Ist es nicht zu umständlich, Punkte für jeden gewonnenen Kampf zu vergeben?

PB: Das macht die Sache zwar komplizierter, aber dafür ist es viel gerechter. Es ist doch ein riesiger Unterschied, ob jemand bei einer Weltmeisterschaft in seiner Gewichtsklasse mit einem Teilnehmerfeld von 60 bis 80 Kämpfern gleich den ersten Kampf verliert oder es bis ins Halbfinale schafft und dort knapp gegen den späteren Weltmeister unterliegt. Wer so weit kommt, hat meiner Meinung nach einfach mehr Punkte verdient.

TA: Und wie soll dann die Rankingliste aussehen, die auch noch kommen soll?


PB: Was die Vergabe der Punkte angeht, ist sie ähnlich wie die „Ewige Bestenliste“ aufgebaut. Allerdings nimmt der Wettkämpfer nur fünfzig Prozent der Punkte mit ins nächste Jahr. Wer zwei Jahre nichts mehr gewinnt, fällt ziemlich schnell nach unten. Für Newcomer ist es dadurch einfacher, schnell nach oben durchzustarten. Es ist geplant, die Abfrage bei diesem Ranking nach dem Namen und nach der Gewichtsklasse zu ermöglich.

TA: Dann könnte man ja in Zukunft die besten Wettkämpferinnen und Wettkämpfer in den Pool-Listen setzen.    

PB: Theoretisch wäre das möglich, ob sich das in der Praxis allerdings so schnell umsetzen lässt, muss man abwarten.  

TA: In der „Bestenliste“ stehen die Damen- und Herrenklasse in einer Liste. Soll das geändert werden?

PB: Nein, momentan ist das eigentlich nicht geplant.

TA: Was sagt denn die World Taekwondo Federation zu der Rankingliste?

PB. Als Vizepräsident der WTF und Herausgeber des Taekwondo Aktuell kennt Herr Park Soo-Nam die Grundzüge der Datenbank. Ob er sich mit den Verantwortlichen der WTF darüber unterhalten hat, weiß ich allerdings nicht.

TA: Korea hat mit Abstand die meisten Weltmeister. Weshalb findet man nur ganz wenig Koreaner in Spitze der Welt-Rankingliste?

PB: Das hat mich am Anfang auch etwas irritiert. Ich habe mir die Sache deshalb genauer angeschaut und dabei festgestellt, dass die koreanischen Wettkämpfer in aller Regel nur ein paar Jahre aktiv kämpfen und deshalb auch nicht so viele Punkte sammeln können. Ich bin sicher, dass die Wettkämpfer aus Korea in der geplanten Rankingliste wieder ganz stark mit Spitzenplätzen vertreten sind.   

TA: Wie kann denn ein Wettkämpfer überprüfen, ob er auch wirklich alle Punkte bekommen hat?

PB: Ganz einfach, in TaekwondoDATA muss er nur den  entsprechenden Namen eingeben und anschließend auf die Rubrik „Gegner“ klicken. Dort sind dann alle Siege und Niederlagen von der eingegebenen Person aufgelistet. Wer will, kann dort nachrechnen, ob ihm vielleicht ein paar Punkte fehlen.

TA: Sind dort wirklich alle Kämpfe eingetragen?


PB: Nein, dort findet man nur die Kämpfe, von denen ich etwas weiß. Wenn ich eine korrekte Pool-Liste habe, kann ich die Kämpfe komplett eingeben. Ansonsten bin ich auf Informationen aus dem Internet oder auf Zeitungsartikel angewiesen. Solche Recherchen nehmen aber enorm viel Zeit in Anspruch. So bald ich alte Pool-Listen oder alte Zeitungsartikel bekomme, trage ich natürlich alle Kämpfe nachträglich ein.

TA: Beim europäischen Ranking fällt auf, dass die Spanier sehr oft in der Spitze vertreten sind.

PB: Richtig, dass ist ziemlich auffallend. Spanien ist in den Top 10 gleich fünf Mal vertreten. Solche Informationen könnten der Anlass dafür sein, dass man sich die Fördersysteme in den anderen Ländern einmal genauer unter die Lupe. Ob man dadurch etwas ändern kann, bleibt natürlich offen.   

TA: In TaekwondoDATA stehen ja auch die Ergebnisse von den deutschen Meisterschaften. Ist auch eine deutsche Rankingliste geplant?

PB: Nein, eigentlich nicht. Da ich die Datenbank selbst sehr viel nutze, um Hintergrundinformationen für meine Artikel zu sammeln, habe ich neben den deutschen Meisterschaften auch die Ergebnisse von den internationalen deutschen Meisterschaften und den German Open eingetragen. TaekwondoDATA ist und bleibt aber eine internationale Datenbank. Deshalb ist eine deutsche Rankingliste für mich derzeit kein Thema.

TA: Wer kann denn TaekwondoDATA optimal nutzen?


PB: Da die Datenbank relativ viele Informationen rund um den Wettkampf enthält, kann sie auch recht vielfältig genutzt werden. Interessant ist sie vor allem für Trainer und Wettkämpfer, Vertreter von Medien und für die Geschäftsstellen. Und natürlich auch für alle, die sich über den Wettkampf informieren wollen. Wer früher international gekämpft hat, wird mit der neuen „Bestenliste“ mit Sicherheit viel Spaß haben.

Für die Ausrichter einer großen Meisterschaft ist es vorteilhaft, wenn sie den Medien im Presseraum die Datenbank zum Recherchieren vor Ort zur Verfügung stellen. Man kann dann auch für den Hallensprecher einige Informationen heraussuchen, um bekannte Wettkämpfer vorzustellen. Man kann damit aber auch, wie es beispielsweise in Nordrhein-Westfalen der Fall war, die Erfolge von Wettkämpfern heraussuchen, die man für den Antrag an ein Ministerium braucht.
 
TA: Weshalb ist die Datenbank für Medienvertreter interessant?

PB: Das ist die Zielgruppe, die unseren Sport nach außen verkaufen soll. In aller Regel müssen diese Leute über ein Sportereignis schreiben oder berichten, von dem sie keine Ahnung haben. Wenn ich an die letzte Weltmeisterschaft in Madrid denke, von der täglich für zwei Stunden live im Eurosport übertragen wurde, dann wird mir jetzt noch ganz heiß.

TA: Wieso?

PB: Für Deutschland hat der ehemalige Judokämpfer Alexander von der Groeben die Kämpfe moderiert. Da er keine Informationen von den Kämpfern bekam, hat er mehrmals geäußert, dass er die Kämpfer nicht kennt und jetzt nicht mehr weiß, was er noch sagen soll. Mit den Fakten aus der Datenbank hätte er sich und unserem Sport diese Peinlichkeit ersparen können. Den Moderatoren für den englischen, französischen und spanischen Raum dürfte es wohl ähnlich gegangen sein. Ich bin mir nicht sicher, ob man solche Leute wieder vor das Mikrophon bekommt, wenn es um Taekwondo geht!

TA: Wie können die Nationaltrainer die Datenbank im Ausland nutzen?

PB: Beim Eintragen der Daten stelle ich immer wieder fest, dass es unter den exotischen Ländern Spitzenkämpfer gibt, die nicht in die Medaillenränge kommen und die deshalb nicht bekannt sind. Wenn man dann gegen solche Leute antritt und nach einer Minute mit drei Punkten zurückliegt, hat man ein echtes Problem.

Einen Internetanschluss findet man auf der ganzen Welt. Wenn man die Möglichkeit hat, sich vorher in TaekwondoDATA über die Gegner zu informieren, dann sieht man, dass beispielsweise ein Kämpfer aus dem Senegal schon gegen absolute Topkämpfer gewonnen oder nur ganz knapp verloren hat. Wenn ein Bundestrainer so etwas weiß, kann er seine Leute anders einstellen.

TA: Wird TaekwondoDATA auch im Ausland genutzt?


PB: Ja, im Ausland wird die Datenbank stärker genutzt als in Deutschland. Woran das liegt kann ich nicht sagen. An der Nutzungsgebühr sicherlich nicht, denn die Jahresgebühr kostet pro Monat nur 1,50 Euro und ist damit günstiger als ein Kaffee bei einer Meisterschaft. Da mir aber schon einige Funktionäre gesagt haben, dass sie eigentlich auch ein Passwort brauchen, denke ich, dass viel einfach auf später verschoben wird.

TA: Die Europäische Taekwondo Union hat ja im letzten Jahr allen Mitgliedsnationen eine Benutzerkennung geschenkt.

PB: Das ist richtig. Letztes Jahr hatte die ETU ihr 20-jähriges Jubiläum. Und zu diesem Anlass hat sie jeder Nation für ein Jahr ein Passwort für TaekwondoDATA gekauft. Als ich davon hörte, war ich natürlich mächtig stolz. Für mich war das eine Bestätigung, dass meine Arbeit nicht umsonst war.

TA: Das war jetzt aber ein schönes Schlusswort. Herr Bolz, vielen Dank für das Gespräch.

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