PB: War für Sie die Nominierung von Antonia eine Überraschung?
GK: Auf alle Fälle. Nachdem sich Antonia beim Qualifikationsturnier zur Jugend-Olympiade in der Klasse bis 68 kg nicht qualifizieren konnte, war dieses Thema für uns alle abgehakt. Dass Rabia Gülec dann gesperrt wurde und Antonia in Singapur als Ersatz für die Rabia in der Klasse bis 63 kg an den Start gehen sollte, war für uns schon eine Überraschung.
PB: Wie wurde denn die Nominierung in der Familie aufgenommen?
GK: Da wir alle Rabia kennen, hatten wir natürlich gemischte Gefühle. Auf der einen Seite tat es uns sehr leid, auf der anderen Seite freut man sich aber auch, dass die eigene Tochter bei der ersten Jugend-Olympiade dabei ist.
PB: Wie lief es denn mit der Vorbereitung?
GK: Vor Singapur stand noch ein Trainingslager in der Türkei auf dem Plan. Als Antonia von diesem Trainingslager zurückkam, erklärte sie, dass es für sie die bisher beste Vorbereitung war. Sie blieb dort unverletzt und war absolut positiv motiviert. Für mich war das ein gutes Zeichen.
PB: Wann haben Sie sich denn entschlossen, mit Ihrer Frau nach Singapur zu fliegen?
GK: Die Entscheidung fiel eigentlich recht kurzfristig. Wir wollten dabei sein, denn es war ja schließlich die erste Jugend-Olympiade, an der unsere Tochter teilnahm.
PB: Lief in Singapur alles nach Plan ab?
GK: Um ein Haar wären wir in Singapur nicht in die Sporthalle gekommen, da es keine Eintrittskarten zu kaufen gab. Den ersten Wettkampftag haben wir uns noch daheim im Internet angesehen. Dort haben wir auch festgestellt, dass in der Sporthalle genügend Plätze unbesetzt waren. Am zweiten Wettkampftag sind wir nach Singapur geflogen. Als wir am dritten Wettkampftag in der Früh dann die Eintrittskarten kaufen wollten, wurde uns erklärt, dass es keine Karten mehr gibt.
PB: Und wie hat es dann geklappt?
GK: Da wir wussten, dass viele Plätze in der Halle leer waren, wurde ich etwas lauter. Ein Sicherheitsmann hat das mitbekommen und bot uns seine Hilfe an. Er erklärte uns, dass wir eine Stunde vor den Wettkämpfen noch einmal unser Glück versuchen sollten. Vielleicht würden ja einige Karten zurückgegeben. Zwei Stunden vor den Wettkämpfen gab es aber wieder keine Karten. Unser Sicherheitsmann hat dann in der Sporthalle nachgesehen ob noch Plätze frei sind und uns zum Glück zwei Karten besorgt.
PB: Bei Antonia lief dann ja alles optimal, oder?
GK: Antonia hatte oft das Pech, das sie bei großen Turnieren gleich im ersten Kampf gegen die spätere Siegerin oder Zweite antreten musste. In Singapur lief wirklich alles optimal. Die Gegnerin vom ersten Kampf ging k.o., und zwar beim Stand von 7 zu 0 Punkten. Nachdem auch gegen Frankreich alles perfekt lief, stand Antonia mit einer sicheren Silbermedaille im Finale.
PB: Das Finale hat sie dann leider mit 4 zu 1 Punkten verloren.
GK: Im Finale ging die Koreanerin in der ersten Runde nach einem Kopftreffer mit drei Punkten in Führung. Danach legte sie bis zum Schlussgong den Rückwärtsgang ein. Antonia hat zwar ständig angegriffen, konnte die Koreanerin aber einfach nicht stellen. Die Koreanerin hat clever gekämpft. Da sie nie verwarnt wurde, sicherte sie sich einfach ihren Vorsprung.
PB: Was ist denn das für ein Gefühl, wenn die Tochter auf der Kampffläche um olympisches Gold kämpft?
GK: Beim Finale war meine Frau nervlich sehr angespannt. Da ich schon bei vielen Turnieren dabei war, habe ich alles zunächst recht sachlich zur Kenntnis genommen. Erst als ich am Abend im Bett lag, wurde mir klar, dass Antonia an diesem Tag ein Stückchen Sportgeschichte geschrieben hat. Ein unglaubliches Gefühl! Eine Silbermedaille bei der ersten Jugend-Olympiade, das wird für Antonia immer ein ganz besonderer Sieg bleiben!
In dieser Nacht ist mir so richtig bewusst geworden, wie wichtig das ganze Förderkonzept für diesen Erfolg war.
PB: Wie meinen Sie das?
GK: Das fängt bei beim Heimtrainer Stjepan Batinic an, der Antonia so weit brachte. Sie trainierte dann auch noch unter den Landestrainern Marco Scheiterbauer und Necdet Bayraktar und zusätzlich mit Nurettin Yilmaz, dem Trainer der Bertolt-Brecht-Schule. Am Ende der Kette steht dann der Feinschliff von Bundestrainer Holger Wunderlich. Besser kann es eigentlich nicht laufen.
Für mich ist es jetzt schon mal an der Zeit, DANKE an alle zu sagen.
PB: Herr Katheder, vielen Dank für das Gespräch.