Mehr Teilnehmer, höhere Erfolgsquote

Wilfried Pixner, DTU-Prüfungsreferent
Wilfried Pixner, DTU-Prüfungsreferent

Gürtelprüfungen sind ein wichtiges Alleinstellungsmerkmal der Kampfsportarten. Für die Vereine sind die Kup- und Danprüfungen Highlights im Kalender und für viele Prüflinge wichtige Termine, auf die sie sich sorgfältig vorbereiten. Das Streben nach dem nächsten Gürtelgrad ist eine Motivation, die kluge Trainer geschickt einsetzen. Geregelt werden die Prüfungen in der DTU-Prüfungsordnung – ein äußerst wichtiges Regelwerk, denn es betrifft praktisch jeden Sportler, vom Kind bis zum Senior, vom angehenden 9. Kup bis zum Großmeister. Aus diesem Grund ist die DTU ständig bestrebt, ihre Prüfungsordnung zu optimieren. So gab es Ende 2010 und Ende 2011 Änderungen im Regelwerk. Wir sprachen mit Bundesprüfungwesen-Referent Wilfried Pixner über seine Erfahrungen und Prognosen.

TA: Herr Pixner, vor gut einem Jahr traten zum Teil gravierende Änderungen der Prüfungsordnungen in Kraft. Könnten Sie uns die wichtigsten Punkte nennen? 

Wilfried Pixner: Die Zulassungsvoraussetzungen für den 1. bis 3. Dan wurden bis auf den Danvorbereitungslehrgang gänzlich gestrichen, was natürlich dem Großteil der Sportler zugutekam. Desweiteren gibt es nun die Möglichkeit, in der Theorienote durch Fleiß eine 6,0 zu erlangen, was sich in der Endabrechnung sehr oft als hilfreich erwiesen hat.

TA: Haben sich die Teilnehmerzahlen bei Dan-Prüfungen im letzten Jahr geändert? 

Wilfried Pixner: Aufgrund der Tatsache, dass die Zulassungsvoraussetzungen erheblich gelockert wurden, sind die Zahlen der Dan-Prüflinge Bundesweit um zirka 20 Prozent angestiegen – was für mich die Schlussfolgerung zulässt, das die DTU und deren Landesverbände den richtigen Weg gewählt hatten.

TA: Wie sieht es mit dem Verhältnis von bestandenen – nicht bestandenen Dan-Prüfungen aus? 

Wilfried Pixner: Das Verhältnis  „bestanden – nicht bestanden“ hat sich sehr zum positiven geändert. Dazu trägt zum einen mit Sicherheit auch die höhere Theorienote bei, die man „relativ“ einfach auf 6,0 hochschrauben kann. Dies ist aus meiner Sicht aber nicht der Hauptgrund für die positiver werdenden Danprüfungsergebnisse.

Der entscheidende Punkt ist für mich die Tatsache, dass immer mehr Landesverbände dazu übergehen, hervorragende Danvorbereitungslehrgänge anzubieten. Bei diesen Lehrgängen werden den Sportlern noch die letzten oft entscheidenden Hinweise für die Danprüfung gegeben. Sehr erfreulich ist aus meiner Sicht auch die Tatsache, dass bei solchen Lehrgängen die Prüfer, die dann auch die Danprüfung abnehmen, als Referenten eingesetzt werden.

Sehr lobenswert finde ich zum Beispiel auch,  dass verschiedene Landesverbände dazu übergegangen sind, ihr Überprüfungsprogramm, das dann das ganze Jahr über Gültigkeit hat, auf ihrer Homepage zu veröffentlichen. Somit hat jeder Prüfungsanwärter im Vorfeld die Möglichkeit sich zu informieren, welche Anforderungen bei der Überprüfung anstehen.

TA: Tragen auch die Vereinstrainer zum insgesamt wachsenden Prüfungserfolg bei? 

Wilfried Pixner: Bei meinem ersten Interview vor zwei Jahren, bemängelte ich das fehlende Interesse  der Heimtrainer an Danvorbereitungslehrgängen. Dies hat offensichtlich bei vielen Heimtrainern ein Umdenken bewirkt,  sodass sich hier nun ein Trend zu immer größer werdender Beliebtheit abzeichnet: Heimtrainer beteiligen sich aktiv an Danvorbereitungslehrgängen und signalisieren somit den Schülern: „Wir schaffen das gemeinsam“.  

TA: Gibt es auch „Schattenseiten“ der neuen Ordnung? 

Wilfried Pixner: Die Befürchtungen von verschiedenen Landesverbänden haben sich nur zu einem  kleinen Teil bewahrheitet.  Bei den Landesverbänden, die schon von jeher Probleme hatten, Trainer und Kampfrichterlehrgängen mit Teilnehmern zu besetzen, hat sich die Lage etwas verschärft.  Bei den größeren und großen Landesverbänden ist  der Run auf die Lehrgänge mehr oder weniger ungebrochen groß.

TA: Ende letzten Jahres gab es eine weitere Regeländerung. Unter anderem kann nun eine Prüfung zum 9. Dan abgelegt werden. Ist für diese Prüfung in der Praxis tatsächlich Bedarf da? 

Wilfried Pixner: Die Tatsache dass nun auch in der DTU der 9. Dan geprüft werden kann, war für mich „nur“ die konsequente Fortsetzung der Umstrukturierung der Prüfungsordnung. Denn mit welchem Recht will man es aktiven älteren Sportlern verwehren, sich einer praktischen Prüfung zu stellen. Beobachtungen der letzten Jahre haben ergeben, dass es in absehbarer Zeit sehr wohl einige Sportler geben wird, die durchaus noch in der Lage sein werden, eine praktische Prüfung zum 9. Dan abzulegen. Die Chance auf Verleihung eines solch hohen Dangrades ist ja realistisch betrachtet, gleich Null.

TA: Eine Regeländerung gab es beim Bruchtest: Hier ist es nun nicht mehr nur wichtig, dass das Brett entzwei geht, das muss auch durch eine korrekte Technik geschehen. Warum war diese Änderung nötig? 

Wilfried Pixner: Dieser Punkt war für mich schon längst überfällig. Denn was man hier teilweise zu sehen bekam – wie so mancher Prüfling sein Brett zerbrochen um nicht zu sagen zerstört hat, nur um die 4,0 zu erreichen – hatte nichts mehr mit Taekwondo und schon gar nicht mehr mit einer korrekten Taekwondo-Technik zu tun. Nun hat der Prüfer die Möglichkeit, selbst bei einem gebrochenen Brett, eine Note unterhalb von 4,0 zu geben.

TA: Gerade der Bruchtest ist ja ein echtes Angstthema, vor allem bei den niedrigeren Danprüfungen. Welchen Rat geben Sie Sportlern und Trainern, damit der Bruchtest gelingt? 

Wilfried Pixner: Das der Bruchtest ein gefürchteter Programmpunkt ist, resultiert meiner Meinung daraus, dass diesem beim Training und bei der Vorbereitung auf die Danprüfung viel zu wenig Bedeutung beigemessen wird. Ein Bruchtest muss genauso intensiv trainiert werden wie alle anderen Disziplinen, die für das Gelingen einer Danprüfung notwendig sind. Ich hoffe dass, sich dies nun  durch die Regeländerung zum Positiven ändern wird.

TA: In Baden-Württemberg wird in diesem Jahr erstmals eine Danprüfung für über 40-Jährige stattfinden, die auf große Resonanz stößt. Könnte das ein neuer Trend sein? 

Wilfried Pixner: Ich persönlich verstehe die Notwendigkeit einer solchen „Danprüfung +40 Jahre“ nicht. Für mich ist es immer wieder ein Erlebnis, bei einer Danprüfung dabei zu sein, wenn sich „alt und jung“ gemeinsam dieser Herausforderung stellen. Es leuchtet doch jedem ein, ob Fachpublikum oder Zuschauer, das eine Sportlerin oder ein Sportler mit 40 Jahren und mehr nicht dieselben sportlichen Leistungen erbringen kann, wie ein 18-jähriger. Meiner Meinung nach kann jeder von jedem etwas lernen und mit nach Hause nehmen, auch bei einer Danprüfung mit gemischtem Alter.

Sollte sich dieser Trend in anderen Bundesländern ebenso einstellen oder die Nachfrage bestehen, werde ich dem nicht negativ gegenüberstehen, möchte an dieser Stelle aber nur zu bedenken geben, wo das dann eventuell hinführen könnte: Plötzlich möchte dann jede Gruppe eine eigene Danprüfung haben. Ob das dann wirklich noch etwas mit einer Danprüfung zu tun hat, sei dahingestellt.

TA: Herr Pixner, herzlichen Dank für dieses Gespräch.