Gerd Kohlhofer „verlässt“ die bayerische Bühne

Lehrwart (2014)

Fototermin für Interview (2002)

24-Stunden-Mountainbike-Rennen (2015)

Oberbayerische Meisterschaft (2018)

Am 29. Juni 2024 kandidierte Gerd Kohlhofer bei der Mitgliederversammlung der Deutschen Taekwondo Union (DTU) für das Amt des Präsidenten. Nachdem ein DTU-Präsident nicht gleichzeitig auch Mitglied im geschäftsführenden Vorstand eines Landesverbandes sein darf, wurde einen Tag vor der DTU-Wahl in Nürnberg eine bayerische Vorstandssitzung angesetzt, bei der Gerd Kohlhofer offiziell sein Amt als Präsident der Bayerischen Taekwondo Union (BTU) niederlegte. Nur der Vollständigkeit halber sei noch erwähnt, dass Gerd Kohlhofer am nächsten Tag von den Landespräsidenten zum neuen DTU-Präsidenten gewählt wurde.

Mit dem Rücktritt von Gerd Kohlhofer geht die 30-jähige bayerische Karriere einer schillernden Persönlichkeit zu Ende. Von vielen Gesprächspartnern wird der mittlerweile 62-jährige als „harter Hund“ bezeichnet, was übersetzt so viel bedeutet wie „streng, standhaft oder kompromisslos gegen andere oder sich selbst“. Natürlich hat Gerd Kohlhofer auch eine weiche Seite, aber die taucht eher bei Vier-Augen-Gesprächen auf.

Gerd Kohlhofer ist ein großer Befürworter des Leistungsprinzips. Da er schon immer enge Beziehungen zum Leistungssport pflegt, auch zu Sportarten außerhalb vom Taekwondo, ist er fest davon überzeugt, dass man Erfolge nur mit hartem und kontinuierlichem Training erreichen kann. Und dazu gehört es auch, dass man bereit ist, sowohl im Training als auch im Wettkampf immer wieder an seine persönlichen Grenzen zu gehen. 

Was Leistungssportlern beim jahrelangen täglichen Training abverlangt wird, weiß Gerd Kohlhofer aus eigener Erfahrung. Als 20-jähriger trainierte er bei der Sportfördergruppe der Bundeswehr als Biathlet und gehörte dem Biathlon-Kader an. Damals war für ihn kilometerlanges Laufen kein Problem.

Wie hart er damals trainierte, wird vielleicht daran deutlich, dass er am 15. Juni 1985 zusammen mit fünf Mitstreitern einen neuen Weltrekord im Bierfassl-Rollen aufstellte. Dabei ging es darum, ein mit 100 Litern gefülltes Alu-Bierfass mit einem Gewicht von 113 Kilogramm über eine Strecke von 50 Kilometer zu rollen. Der damals auf 8 Stunden und 33 Minuten bestehende Rekord wurde von der Sechsergruppe mehr als halbiert. Nach sagenhaften 4 Stunden und 9 Minuten schoben sie das Bierfass über die Ziellinie.

Es gehört zu den Eigenheiten von Gerd Kohlhofer, dass er die von ihm übernommenen Aufgaben beharrlich durchzieht. 1996 übernahm er in Bayern das Amt des Schatzmeisters. Sein Nachfolger, dem er die Unterlagen 2015 übergab, warf drei Monate später das Handtuch.

1999 war Gerd Kohlhofer, zusätzlich zu seinem Amt in Bayern, von den Landesverbänden als Vizepräsident Wirtschaft und Finanzen der Deutschen Taekwondo Union gewählt worden. Am 29. Juni 2024, also nach 25 Jahren, legte er sein Amt der „Schatzmeisterei“ nieder. Jedes Jahr musste er über 10.000 Überweisungen vornehmen, also ungefähr 30 pro Tag.

Es gibt eigentlich keine Regel ohne Ausnahmen. Als Mitte der 90-iger Jahre innerhalb der BTU ziemliche Turbulenzen herrschten, übernahm Gerd Kohlhofer 1994 das Lehrwesen, also die Ausbildung der Übungsleiter. Weil es Unregelmäßigkeiten mit der maroden Verbandskasse gab, stellte er sich - auf Wunsch des damaligen BTU-Präsidenten – als Schatzmeister zur Verfügung und stellte seine Tätigkeit im Bereich Lehrwesen zur Verfügung.

Gerd Kohlhofer ist Träger des 6. Dan und Mitglied beim Verein Moo Duk Kwan Bad Windsheim. Daneben gehört seine Begeisterung dem Mountainbike-Fahren. 2015 hat er die Lizenz zum Mountainbike-Guide und zum Fahrtechniktrainer erworben und bietet in Deutschland und in Österreich Kurse an.

Gerade beim Mountainbiken hat Gerd Kohlhofer schon mehrfach bewiesen, dass er für den Erfolg auch an seine körperlichen Grenzen gehen muss. Beim 24-Stunden-Mountainbike-Rennen 2015 im Olympiapark in München, das wegen Unwetter für mehrere Stunden unterbrochen werden musste, brach er sich kurz nach dem Beginn des Rennens bei einem Sturz einen Finger. Trotz Schmerzen fuhr er das 24-Stunden-Rennen zu Ende. 

Zu seinen doch recht ausgefallenen Hobbies gehört es, die Etappen der Tour-de-France nachzufahren – allerdings nur die Bergetappen.

Neben seiner Begeisterung, seine körperlichen Grenzen auszutesten, ist auch sein Faible für Zahlen und Fakten durchaus beeindruckend. Wer sich als Verantwortlicher mit Phrasen aus der Verantwortung herausreden will, wird oft seinem Detailwissen konfrontiert. Wenn Gerd Kohlhofer feststellt, dass der eine oder andere sportliche Misserfolg schöngeredet werden soll, dass er über die Ranglistenplätze der deutschen Kaderathleten und deren weltweiter Konkurrenz bestens informiert und deshalb auch in der Lage ist, die Siege oder Niederlagen des deutschen Kaders richtig einzuordnen.

Während Gerd Kohlhofer bei sportlichen Themen keiner Auseinandersetzung aus dem Weg geht und dabei beharrlich, konsequent und faktenbasiert seinen Standpunkt vertritt, ist er vor allem bei sportpolitischen Fragen stets um einvernehmliche Lösungen bemüht. Besonders deutlich zeigte sich das, als er 2015 als Nachfolger für das Amt des BTU-Präsidenten kandidierte. Da er sich vor der Wahl lange mit Reiner Hofer, dem damals amtierenden Präsident, austauschte, ging die Amtsübergabe harmonisch über die Bühne.

Auch vor seiner Kandidatur zum DTU-Präsidenten setzte sich Gerd Kohlhofer mit dem DTU-Präsident Stefan Klawiter zusammen, um eine Kampfwahl und mögliche Schlammschlacht zu vermeiden. Nach den Gesprächen verzichtete Stefan Klawiter auf eine erneute Kandidatur und Gerd Kohlhofer wurde am 29. Juni 2024 zum neuen DTU-Präsident gewählt. Dem Vernehmen nach war es nach 1989 erst das zweite Mal, dass der präsidiale Amtswechsel derart harmonisch und ohne böse Worte ablief.

Während seiner 30-jährigen Amtszeit in Bayern war Gerd Kohlhofer der Initiator und Förderer von Neuerungen, die beim heutigen Sportbetrieb nicht mehr wegzudenken sind. Hier ein paar Beispiele.

Vor ungefähr zwanzig Jahren war Gerd Kohlhofer maßgeblich an der Umsetzung der Idee beteiligt, in Bayern eine Datenbank aufzubauen, in die alle bayerischen Mitglieder mit einer eigenen Passnummer eingetragen werden sollen. Was heute so einfach klingt, wurde von verschiedenen Vereinsvertretern zunächst mal erbittert abgelehnt. Aber bereits kurz nach der Einführung der Datenbank in Bayern ließen sich alle Kritiker von den unzähligen Vorteilen, die so eine Datenbank bietet, überzeugen. Kurz darauf wurde die Datenbank von der DTU „übernommen“. Heute ist die Organisation von Turnieren, Prüfungen und Lehrgängen ohne in diese Datenbank nicht mehr vorstellbar.

Bei einem kreativen Meeting mehrerer bayerischer Funktionäre wurde 2018 die damals fast schon revolutionäre Idee geäußert, die Prüfung zum ersten Dan in den Vereinen zuzulassen. Nachdem das Prüfungswesen vor allem von den Alteingesessenen als „Heilige Kuh“ behandelt wurde und wird, rechnete niemand damit, dass die Idee auch umgesetzt werden kann.

Gerd Kohlhofer, der sich während seiner Aufgabe als DTU-Schatzmeister in Deutschland ein umfangreiches Netzwerk aufgebaut hat, konnte offensichtlich viele Vereine und Funktionäre von den Vorteilen einer Vereins-Danprüfung überzeugen. Anfang 2019 wurde die Danprüfung im Verein bei der DTU-Mitgliederversammlung mit großer Mehrheit befürwortet und verabschiedet. 

Einen richtigen Coup landete Gerd Kohlhofer, als er 2004 den Vorschlag brachte, eine gemeinsame Deutsche Meisterschaft für den Zweikampf und für die Formenläufer in einer großen Sporthalle durchzuführen. Zu diesem Zweck mietete er 2005 die „Saturn-Arena“ in Ingolstadt an. Die gemeinsame „Deutsche“ wurde ein riesiger Erfolg.

Nachdem bis zu diesem Zeitpunkt alle Deutschen Meisterschaften in schulischen Dreifachturnhallen durchgeführt wurden, kann man den „Umzug“ in Eissporthallen durchaus als eine Art Zeitenwende im deutschen Taekwondo bezeichnen. In der Folgezeit wurden zehn Deutsche Meisterschaften in der Saturn-Arena durchgeführt, ab 2007 allerdings ohne den Formenlauf, da sich die Musik für die Freestyler als zu störend herausstellte. Mittlerweile ist die Ausrichtung von Turnieren in repräsentativen Sportarenen keine Seltenheit.  

Übrigens, im Januar 2023 wurde Gerd Kohlhofer von der Nachricht überrascht, dass er von ETU-Präsident Sakis Pragalos zum Council Member der ETU ernannt wurde.

Wie geht es jetzt in Bayern weiter? Nach dem Rücktritt von Gerd Kohlhofer übernimmt vorübergehend der BTU-Schatzmeister Hasim Celik zusammen mit einem Vizepräsidenten die bayerischen Amtsgeschäfte. Bei den nächsten Wahlen wird das Amt des Präsidenten der Bayerischen Taekwondo Union neu besetzt.

Die BTU wünscht Gerd Kohlhofer bei seiner neuen Aufgabe als Präsident der Deutschen Taekwondo Union alles Gute und bestes Gelingen.


Text und Fotos:
Peter Bolz